Manchmal ist ‘ähnlich’ sehr unterschiedlich. Das ist der Fall bei der Informationstechnologie (IT) und der Betriebstechnologie (OT). Beide Lösungen basieren auf der Leistung von Mikroprozessoren und vielen Softwareschichten. Ihre Anwendungsfälle sind jedoch sehr unterschiedlich. Traditionell arbeiten beide Lösungen isoliert voneinander, doch die jüngsten Technologietrends lassen sie näher zusammenrücken. Daher müssen die Hersteller einen Weg finden, die Lücke zu schließen. Hier ist der Weg.
Antithetische Entwürfe
Die Unterschiede zwischen den beiden Ansätzen beginnen mit ihrer Herkunft. IT kommt aus der Informatik und wurde von Grund auf entwickelt, um menschliche Eingaben und Interaktionen zu vereinfachen. OT kommt aus dem Maschinenbau und wurde entwickelt, um Maschinen effizienter zu machen.
IT-Systeme sind die Grundlage für den Unternehmensbetrieb. Sie transportieren Informationen von einem Ort zum anderen und unterstützen so die Geschäftsprozesse, die das Unternehmen steuern. Sie arbeiten mit Menschen zusammen, die sich in der Regel auf Desktops, Laptops und mobile Geräte verlassen, um Daten einzugeben. Der Schwerpunkt liegt darauf, die Systeme intuitiv zu gestalten, damit die Mitarbeiter problemlos mit ihnen arbeiten können.
OT-Systeme unterstützen Fertigungsprozesse. Hier bewegen Maschinen Gegenstände entlang von Fließbändern und stellen schließlich Waren her. Sie arbeiten mit verschiedenen Arten von Geräten, speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS), Mikrocontrollern, SCADA-Systemen (Supervisory Control And Data Acquisition) und verteilten Steuerungssystemen (DCS). Diese Systeme führen nur das aus, wofür sie programmiert wurden, so dass der Schwerpunkt auf festgelegten Funktionen liegt, z. B. ein Roboterarm, der eine Reihe von Schrauben dreht.
IT und OT funktionieren unabhängig voneinander
Die beiden Märkte haben sich unabhängig voneinander entwickelt. Daher sind ihre Infrastruktur, Betriebssysteme, Netzwerkprotokolle, Anwendungen und Überwachungstools nicht austauschbar. Diese Trennung wurde in der Vergangenheit akzeptiert. Damals teilten die Hersteller die Arbeit in ausgewählte Aufgaben auf und wiesen sie den Abteilungen zu. Jede Gruppe erledigte ihren Teil des Puzzles, in der Regel mit wenig oder gar keiner Interaktion zwischen den Gruppen.
Dieser Ansatz hatte seine Grenzen, eine der wichtigsten war die Art und Weise, wie die Unternehmen ihre Arbeitsabläufe verwalteten. Dann sammelten sie Informationen, untersuchten Trends und nahmen Änderungen vor, nachdem die Fertigungsläufe abgeschlossen waren. Wenn sich ein Material verspätete, hatte das Personal nur einen begrenzten Einblick in das Problem und war nicht in der Lage, Änderungen vorzunehmen, die den Ertrag verbesserten.
Diese Hindernisse werden nun beseitigt. Beide Gruppen gehen zu neuen Modellen über, bei denen die Mitarbeiter Zugang zu Echtzeitinformationen haben. Eine solche Umstellung befähigt die Mitarbeiter, die Abläufe proaktiv statt reaktiv zu steuern. Eine Verzögerung bei der Materiallieferung wirkt sich nicht nur auf die Fabrikhalle, sondern auch auf das Back Office aus. Anhand von Echtzeitdaten können bei Bedarf Änderungen vorgenommen werden, die den Arbeitsablauf, die Qualität, die Kundenzufriedenheit und letztlich den Umsatz verbessern.
Brücken bauen zwischen den Abteilungen
Es ist jedoch eine Herausforderung, die Mauern einzureißen. Es müssen sowohl technische als auch menschliche Brücken gebaut werden.
Sensoren für das industrielle Internet der Dinge (IIoT) bieten Einblick in die Maschinenleistung.
Netzwerke müssen miteinander verbunden werden. Zunehmend werden Informationen über IP übertragen. Allerdings muss eine Vielzahl unterschiedlicher Kommunikationsprotokolle in eingebettete Module, Gateways, Edge-Geräte, Industrieanlagen und Geschäftsanwendungen integriert werden.
Unternehmen können gemeinsame Programmierschnittstellen verwenden, um Anwendungen zu verbinden. Die Anbieter sind sehr viel offener geworden und bieten Lösungen an, wie Low Code und No Code. Daher ist es heute einfacher als in der Vergangenheit, solche Verbindungen herzustellen.
Die Hersteller müssen sicherstellen, dass alle ihre Daten sicher sind. Es entstehen neue Lösungen, die die Sicherheit der technologischen Infrastruktur orchestrieren und dafür sorgen, dass die Edge-Firmware aktualisiert wird, die Sicherheitsschlüssel rotieren und die gesamte Infrastruktur ständig auf neue Bedrohungen überwacht wird.
Eine industrielle Daten-Plattform ist die Drehscheibe, die die Firmendaten mit den Maschinen- und Prozessdaten verknüpft. Wichtig ist, dass Mitarbeiter aus der Serviceabteilung, der Instandhaltung, dem Engineering und evt. auch aus dem Einkauf und dem Verkauf leicht und intuitiv damit arbeiten können. Das klappt mit no code / low code Plattformen. Somit wird der größte Nutzen aus den Daten gezogen.
Management-Herausforderungen
Der Arbeitsablauf muss geändert werden. Der Prozess beginnt damit, dass man sich der Komplexität der IT- und OT-Infrastrukturen bewusst wird. In vielen Fällen verknüpfen Unternehmen Tausende und sogar Millionen von Codezeilen. Daher ist es schwierig, den Überblick über die Vorgänge zu behalten.
Die Zulieferer müssen alle Beteiligten – Manager, Techniker und Mitarbeiter – darüber aufklären, wie sich der Wandel auf sie auswirken wird. Es muss klare Definitionen und ein Verständnis für die Vor- und Nachteile geben. Der Schwerpunkt sollte darauf liegen, wie das neue Modell ihre Arbeit verbessert und dem Unternehmen Kosteneinsparungen, höhere Produktivität, bessere Qualität und zufriedenere Kunden bringt.
Bereich-übergreifender Prozess
IT-Begriffe sind nicht dasselbe wie OT-Fachausdrücke. Es muss ein gemeinsames Vokabular entwickelt werden, damit beide Teams verstehen, welche Gedanken vermittelt werden.
Funktionsübergreifende Schulungen ermöglichen es IT- und OT-Fachleuten, die Fachgebiete des jeweils anderen zu verstehen und die Perspektiven des anderen besser einzuschätzen.
Durch die Schaffung gemeinsamer Standards wird sichergestellt, dass IT- und OT-Systeme aneinander anknüpfen.
Die Zusammenarbeit muss stattfinden: Regelmäßige Kommunikation zwischen IT- und OT-Teams schafft Vertrauen und fördert eine gesunde Produktionskultur.
Erkennen Sie die Stärken und Schwächen des jeweils anderen. In vielen Fällen fehlt den Industrieunternehmen das Fachwissen, um solche Projekte bis zum Abschluss zu begleiten. Daher sollten sie die Hilfe von Dritten in Anspruch nehmen.
Erforderliche Investitionen müssen getätigt werden, das bedarf einer klaren Unterstützung durch die Unternehmensleitung. Dann legen die Manager gemeinsame Leistungsindikatoren (Key Performance Indicators, KPIs) fest und überprüfen laufend die Fortschritte bei der Erreichung der operativen Ziele, wobei die Dokumentation für alle Beteiligten veröffentlicht wird.
Informationen in Aktionen umwandeln
Statt einer Reihe von autonomen Funktionen entsteht durch die Umstellung eine vernetzte, homogene Einheit, in der alle Teile aufeinander abgestimmt sind, anstatt zu zersplittern. Was einst getrennte Inseln digitaler Daten waren, wird zu zusammenhängenden, umsetzbaren Echtzeitinformationen.
Die Mitarbeiter sehen, wie sich die Materialien durch den Fertigungsprozess bewegen, und nehmen bei Bedarf Änderungen vor. Algorithmen mit künstlicher Intelligenz sagen voraus, wann Maschinen wahrscheinlich kaputt gehen werden, und öffnen so die Tür für eine vorausschauende Wartung, die die Betriebszeit und den Durchsatz erhöht. Frühere Ineffizienzen werden zu neuen Differenzierungsmerkmalen.
Von der IT-OT-Konvergenz profitieren Hersteller in mehrfacher Hinsicht.
- Bessere Entscheidungsfindung mit Echtzeit-Entscheidungsunterstützungssystemen
- Minimierung ungeplanter Ausfallzeiten durch vorausschauende Wartung
- Steigerung der Mitarbeiterproduktivität
- Nutzung wichtiger Daten zur Rationalisierung des Betriebs
- Erhöhung der Ausbeute im ersten Durchgang
- Verbessern der Sicherheit am Arbeitsplatz
IT und OT wurden getrennt voneinander entwickelt und gediehen unabhängig voneinander. Angesichts des zunehmenden Wettbewerbs in der Fertigung müssen sie nun zusammenwachsen. Der Prozess ist kompliziert, weil ihre Eckpfeiler so unterschiedlich sind. Doch durch die Umstellung steigern Hersteller ihre Produktivität, rationalisieren ihre Abläufe, verbessern den Produktionsablauf und werden zu einem stärkeren, rentableren Unternehmen.